Kostenloses Parken ist für uns ziemlich selbstverständlich, sollte es aber nicht sein.
Vor Kurzem haben wir einen kleinen Roadtrip nach Wien unternommen, um dort ein paar von uns umgestylte Lastenräder abzuliefern. Dort angekommen und nach einer ordentlichen Mütze Schlaf durften wir am nächsten Morgen als Erstes einen Strafzettel von der Windschutzscheibe schälen: 36 Euro. Zu lange geparkt, oder “parkiert”, wie es auch gerne heißt.
Die erste Reaktion auf die Knolle war natürlich erstmal so “Woaaaa, ey, was is los!?”, um dann recht schnell einzusehen, dass es eigentlich genau das ist, was wir uns für Berlin wünschen: Hohe Parkgebühren und satte Bußgelder, die das Nutzen und Abstellen von Fahrzeugen empfindsam teurer machen, um die Städte Schritt für Schritt von Lärm, Abgasen und rasendem Blech zu befreien. Denn ohne Gängelung geht’s eben leider nicht. Das durften wir am eigenen Leib erfahren.
Wien ist eine einzige Kurzparkzone
Die ganze Stadt besteht nämlich mehr oder weniger aus Kurzparkzonen. Ohne lokales Kennzeichen kannste nirgendwo länger stehen als 2-3 Stunden. Da stehste erstmal blöd da, weil wohin mit der Karre? Ins nächste Parkhaus hat unser Bus dummerweise nicht gepasst. So haben wir Genies uns an der gleichen Stelle wieder hingestellt und gebetet, dass wir für einen weiteren Tag gnädigerweise nicht noch einen zweiten Zettel obendrauf geklatscht bekommen. Die Strategie is zwar aufgegangen, aber am Morgen aufzuwachen mit dem Gedanken, evtl. nun 72 Euro zahlen zu dürfen oder noch schlimmer, ist jetzt auch nicht das, was wir unter einem entspannten Start in den Tag verstehen.
Was die Stadt aber vor allen Dingen richtig macht, neben dem Griff in die Geldbörse für ortsfremde Parkende, ist ihr unschlagbares Angebot für die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs. Ein Jahresticket kostet 365 Euro! Für einen Euro am Tag lässt sich also die ganze Stadt erobern. Und das kann man auch wirklich gut und unkompliziert, denn die Bahnen fahren in kurzen Takten, das Busnetz ist bis in die Außenbezirke fein gestrickt.
Klar, die Bedingungen und der Kontext sind nicht überall gleich, aber dennoch lohnt ein weiterer Blick über die Grenzen. In Tallinn beispielsweise ist der ÖPNV für alle EinwohnerInnen der estnischen Hauptstadt bereits seit einigen Jahren umsonst. Luxemburg startet seit diesem Monat mit einem landesweit kostenlosen Angebot durch.
Ehrliche Bemühungen, gegen Stickstoffdioxide und Feinstaub in einer Stadt vorzugehen, sind wenig überraschend mit Kosten verbunden und nicht jede Verwaltung kann von sich behaupten, eine Steueroase zu sein wie unser winziges Nachbarland. Dennoch: Anwohnerparkausweise, die im Jahr 10 Euro kosten, und ein Anteil an unbewirtschaftetem Parkraum von 60% im gesamten innerstädtischen Bereich lassen erahnen, wo noch einiges zu holen wär. Wenn man denn will, Berlin.
36€ hat der Spaß gekostet!
Dass Bequemlichkeit obsiegt, wenn ich damit rechnen kann, meine Blechbüchse am Zielort quasi für Umme in die Landschaft zu parken, dürfte keine Überraschung sein. Daher ist uns der Wiener Ansatz ziemlich symphatisch, auch wenns ein bisschen weh getan hat. Hätten wir ein Fahrrad dabei gehabt, wären all diese Probleme eh an uns vorbeigegangen.
Geschäft ist Geschäft und nichts für Weicheier 🥚, sagt man. Wer kommt auf so einen Quatsch?
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